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Ein Hof und elf Geschwister - Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben

von Ewald Frie, erschienen 2023 im C.H. Beck Verlag auf 191 Seiten. Erhältlich für 23,00 EUR

ISBN: 978-3-406-79717-0/Anzeige



Ewald Frie ist Historiker und Professor in Tübingen. In "Ein Hof und elf Geschwister" berichtet er von seinen Eltern, seinen Geschwistern, dem bäuerliche Leben im Münsterland und die Veränderungen & Modernisierungen über die Jahrzehnte hinweg, die jedes der Geschwister anders wertet und wahrgenommen hat. Mit seinem Text, der einen sehr persönlichen Einblick gewährt, hat er den Titel Sachbuch des Jahres gewonnen.


Die elf Geschwister kommen indirekt in jedem Kapitel zu Wort und berichten aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Kein Wunder: Das erste Kind geboren 1944, mitten im Krieg, das Jüngste Ende der 1960er Jahre. Jahrzehnte liegen zwischen den Geschwistern, in denen sie ganz unterschiedliche Lebensrealitäten in der Kindheit & der Jugend hatten. Und dennoch sind alle über den elterlichen Hof verbunden.

Nur eines der Kinder ist in der Landwirtschaft geblieben. Die Anderen hat es nach und nach in andere Bereiche verschlagen.


Der elterliche Hof liegt zwischen dem Dorf Nottuln und Münster. Die nächsten Nachbarhöfe waren rund 150 und 300 Meter entfernt. Die Romantik, die man sich heute in einem alten Bauernhaus (1896) vorstellt, war damals noch weit entfernt. Selbst die Welt im Dorf Nottuln war damals eine komplett Andere als auf den Höfen. Die Höfe gehörten nicht zum Dorf. Die Lebensrealitäten eine andere. Für die Vergnüglichkeiten im Dorf wie z. B. Freibad & Kino, gab es kaum Zeit. Man hatte jeden Tag harte Arbeit und Verpflichtungen. Man hatte zu tun. Außerdem kam auf den Höfen der Landbesitz hinzu. Hier fühlte man sich den Dorfbesitzern überlegen und besser gestellt.


"Um ins Dorf zu fahren, musste es Gründe geben."


Frie hat seine Geschwister interviewt, selbst Recherchen angestellt und natürlich kommt auch sein Standpunkt zum Tragen. Ergebnis dieser unterschiedlichen Quellen und vielen Zeitzeugen ist ein authentischer Bericht über das bäuerliche Leben und dem schleichenden & gleichzeitig rasanten Abschied von der bäuerlichen Gesellschaft, den jeder individuell wahrnimmt.


Auf den knapp 190 Seiten finden wir eine sehr persönliche Geschichte, aber auch eine, die wohl allgemein für viele Familien steht: Die Suche nach dem Weg raus aus dem bäuerlichen Leben. Die Frage nach dem Aufstieg, wenn man den Hof verlässt und sich anders in Wirtschaft & Industrie einbringt. Aber dennoch der Respekt für die, die bleiben. Und die Eltern, die in anderen Zeiten etwas geschaffen und aufgebaut haben. Auch wenn man manches erst mit Abstand erkennt.


"Mein Gott, das habe ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert."


Ein persönlicher und stiller Abschied, den Frie in einem lesenswerten Buch verfasst hat. Der Wandel der Zeit wird uns eindrucksvoll dargestellt. Nicht nur in der Entwicklung seiner Familie sondern ebenso in der Landwirtschaft. Ein Buch für alle, die einen kurzen literarischen Abstecher ins Münsterland machen wollen, auf den Spuren des bäuerlichen Lebens von "damals".






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