Ronya Othmann
Hanser Verlag, 2020
22,00 EUR
ISBN: 978-3-446-26760-2
285 Seiten
“Nur wenn man in einer Landschaft zu Hause ist, kann man sie benennen.”
“Die Sommer” ist ein Roman über den Verlust von Heimat und dem Kampf um die eigene Identität.
Leyla, aufgewachsen in zwei Welten, tut sich schwer damit, ihre deutsche und kurdische Identität zusammenzubringen. Wir folgen ihr in ihre Kindheitserinnerungen, in die Sommer, die sie mit ihrem Vater bei der Familie in Kurdistan verbringt.
Sie genießt die Zeit mit ihrer Familie, lernt die fremde Kultur kennen und lieben, aber muss in Deutschland vieles wieder verdrängen - bis zum nächsten Sommer.
“Und ihr Leben dachte Leyla, nur ein Ersatzleben für das Leben, das sie eigentlich hätte leben können.”
Diese Kindheitserinnerungen wandeln sich, als 2011 der Arabische Frühling ausbricht. Aus Deutschland verfolgen Leyla und ihre Eltern hoffnungsvoll die Revolution, die sich in einen Krieg verwandelt und zu einer der größten humanitären Krisen unserer Zeit führt, für die es bis heute keine Lösung gibt. Die Sommer erscheinen auf einmal sehr weit weg und die Frage, ob es sie jemals wieder geben wird, drängt sich auf.
Leyla selbst fühlt sich mit vielen politischen, und ihrer Identität betreffende Fragen alleine gelassen. Sie ist sehr viel emotionaler, als es für uns LeserInnen auf den ersten Blick erscheinen mag. Durch die Zurückhaltung in einigen Beschreibungen wird es uns als LeserInnen überlassen, wie wir uns fühlen würden, was wir denken würden und wie wir handeln würde, wenn wir in Leylas Rolle steckten. Aber würden wir auch wie Leyla entscheiden? Zumindest wird ihre Entscheidung nachvollziehbar.
“Manche Dinge, dachte sie waren nicht zu erzählen.”
Beispielhaft geben Leyla und ihre Familie den 7 Millionen Menschen, die aus Syrien und Kurdistan geflohen sind, einen Namen und eine Geschichte, die wir weiter erzählen und hochhalten sollten. Europa ist in diesem Konflikt zu still und passiv geworden.
“(...) die Kinder sind die Zukunft eines Landes.”
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