von Tim Marshall, erschienen 2023 im dtv Verlag auf 320 Seiten. Erhältlich für 26,00 EUR
ISBN: 978-3-423-28326-7/Anzeige
Tim Marshall hat sich in seinem aktuellen Buch von der Geografie auf unserem Planeten verabschiedet und sich der Geografie im Weltraum zugewandt. Es geht um wirtschaftliche Chancen, militärische Spionagesatelitten und Sicherheitspolitik auf einer anderen Ebene bzw. auf anderen Erdumlaufbahnen.
Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil "Der Weg zu den Sternen" holt Marshall weit aus. Wir starten mit dem Anfang des Universums und der Erforschung des Himmelsreichs alter Kulturen. Er schreibt über die großen Astronomen bis hin zu Newton und Einstein. Auch die ersten bedeutenden Schritte & Meilensteine "auf dem Weg nach oben" werden noch einmal neu verfolgt. Bis hin zum Wettrüsten im kalten Krieg und den ersten Menschen im All und auf dem Mond.
Im zweiten Teil geht es um die aktuellen Raumfahrtprojekte im "Hier und Jetzt", den Status Quo, die Großmächte im All und die "mitreisenden" Staaten. Es geht um Chancen, die wir uns als weltraumfahrendes Volk ermöglichen können. Aber auch um die Herausforderungen und Gefahren, die nicht nur in technischen Dingen sondern auch in der Politik liegen. Die Großmächte im All sind die USA und China. Auch Russland hatte ein bedeutendes Raumfahrtprojekt, war eine zeitlang sogar führend, allerdings tritt Russland immer weiter in den Hintergrund und ist mehr und mehr abhängig von China. Beide sind sich jedoch darin einig, die Vorherrschaft der USA im Weltall einzudämmen.
Neben der Astropolitik mischen heute auch immer mehr private Unternehmen mit, die in der Lage sind, neben dem Staat, gewaltige Geldsummen in die Forschung und Entwicklung zu stecken. Schließlich müssen sie die Ausgaben nicht vor dem Steuerzahler rechtfertigen. Unter anderem ganz weit vorne SpaceX von Elon Musk und BlueOrigin von Jeff Bezos. Beide verfolgen andere Ziele und Visionen im Weltraum sind jedoch vorne bei den Entwicklungen dabei. Aber auch in China gibt es eine Raumfahrtindustrie abseits des Staates, wie zum Beispiel i-Space.
Das Thema Astropolitik ist bis heute kaum definiert. Wir haben kein gemeinsames Regelwerk, auf das sich alle Staaten geeinigt haben. Erst recht nicht sind die großen Staaten auf einen Nenner gekommen. Welche fatalen Folgen das haben kann skizziert Marshall anhand einiger fiktiver Beispiele im dritten Teil "Futur Zwei". Hier geht es um Weltraumkriege und die Welt von morgen in der Astropolitik. Dass das Militär bereits aus allen möglichen Nationen am Himmel unterwegs ist und Satelliten stationiert hat und dort oben Platz für sich beansprucht, ist nicht neu. Aber wird es hier nicht über kurz oder lang auch zu Konflikten kommen? In einem Gebiet, das bislang jeder für sich beanspruchen kann.
Wichtig wäre es für uns alle allgemein gültige Verträge für die Nutzung des Weltraums zu haben, zu denen sich alle Staaten bekennen. So gibt es z. B. den Mondvertrag von 1979, den aber nur knapp zwölf Staaten zugestimmt haben, in dem der Mond und seine Ressourcen als "gemeinsames Erbe der Menschheit" bezeichnet wird. Ist dieser Vertrag nun gültiges Recht oder haben zu wenige Staaten ihn anerkannt? Und was würde das für Vorhaben auf dem Mond bedeuten? Es gibt bereits Pläne für Mondlandebahnen und Mondstationen. Werden damit auch Sicherheitszonen der Staaten einhergehen? Und welche anderen Staaten werden diese akzeptieren und anerkennen, welche nicht?
Marshall lässt keinen Zweifel daran, dass der Weltraum der neue Mittelpunkt strategischer, sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Aspekte wird. Unabhängig davon, welche ungelösten Probleme wir hier weiterhin auf der Erde haben. In diesem Buch finden wir einen Einblick über die politische Lage zwischen den USA, China und Russland, die sich nicht mehr nur auf unseren Planeten beziehen.
Ein Buch, das sehr gut unterhält. Der Autor berichtet sachlich und ernsthaft aber auch immer wieder mit Ironie und Sinn für Humor über die Themen. Ich habe vor einigen Jahren "Die Macht der Geografie" von Marshall gelesen. Die Geografie der Zukunft ist für mich genauso lesenswert & macht nachdenklich. Ein Thema, das man auf jeden Fall im Auge behalten sollte.
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