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An den Ufern von Stellata

von Daniela Raimondi, übersetzt aus dem Italienischen von Judith Schwaab, erschienen im Juni 2023 im Ullstein Taschenbuch Verlag auf 512 Seiten. Erhältlich für 12,99 EUR

ISBN: 978-3-548-06833-6/Anzeige


Zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Italien. Ein Wagenzug des fahrenden Volkes ist nach einem sintflutartigen Regen gezwungen in dem kleinen italienischen Dorf in der Lombardei (Po-Ebene), in Stellata zu überwintern. Stellata ist ein ärmliches Dorf mit nur wenigen Einwohnern. Die Hälfte der Einwohner kann weder lesen noch schreiben. Die alten Traditionen sind hier wichtig und werden von Generation zu Generation weitergegeben.


Es dauert nicht lange und der verträumte Giacomo Casadio verliebt sich in eine von ihnen. Viollca. Trotz aller Einwände der Familien. Viollca, mit rabenschwarzem Haar und Federn im Haar, besitzt hellseherische Fähigkeiten. Als die beiden einen Sohn bekommen, beginnt das Schicksal von sieben Generationen der Familie Casadio, die wir auf knapp 500 Seiten begleiten.


Viollca kann aus den Karten lesen und sagt für die kommenden Generationen der Familie großes Unglück voraus. Insbesondere für die Mitglieder der Familie, die sich ihren Träumen zu sehr hingeben. Denn diese Träume werden scheitern. Damit beginnt ein Epos über die Familie Casadio, der uns über 200 Jahre bis in das Heute (2013) reisen lässt.



Mich hat das Buch komplett eingenommen. Zugegeben, es sind viele Namen und die Geschichte schreitet an der ein oder anderen Stelle schnell voran. Der Stammbaum hinten im Buch hat mir aber sehr geholfen, den Überblick zu behalten. Wir lernen Kinder kennen, erleben ihren Lebensweg und nehmen an deren Begräbnissen teil. Viele Familienmitglieder haben große Träume und Vorstellungen von ihrem Leben. Nicht alle werden glücklich mit ihrer Wahl oder können ihre Träume umsetzen. Immer scheint es einen Preis zu geben, den sie zahlen müssen. Einige hadern mit ihrem Schicksal, wollen sich nicht zufrieden geben. Viele machen das Beste aus ihrer Situation. Und immer wieder sind es die kleinen Momente im Zwischenmenschlichen, die das Glück zeigen.


Auch der Fokus auf die Frauen der Familie hat mir sehr gefallen. Welche unterschiedlichen Lebenswege sie gehen, trotz der gemeinsamen Kindheit und wie manche am Ende auch wieder zueinanderfinden.


In knapp 200 Jahren passiert viel in der Weltgeschichte. Diese Geschehnisse gehen auch nicht spurlos an Stellata vorbei. Und so sehen wir Familienmitglieder in Kriege ziehen, erleben die Veränderungen durch die Industrialisierung und den wirtschaftlichen Aufschwung in Europa. Es geht um Liebe, Träume, Verlust, Scheitern, Politik, Krieg, Armut und Schicksalsschläge in jeder Generation. Und egal, wie weit die Entwicklung und die Jahre voranschreiten, es sind immer wieder die Geburten & Beerdigungen, das Lachen und Weinen, die die wichtigsten Momente in der Familien ausmachen.


"In jedem von uns ist ein kleiner Teil, der jenseits der Zeit lebt. Dass die Jahre vergehen, nehmen wir manchmal nur bei besonderer Gelegenheit wahr, doch ansonsten bleiben wir uns unserer Wahrnehmung immer dieselben. Wir haben kein Alter."


Ein bisschen Mystik und magischer Realismus begleiten uns das gesamte Buch über. Immer wieder tauchen die Karten und die Vorhersagungen von Viollca in den späteren Generationen auf. Es wird mit Toten gesprochen, es gibt Besuche in Träumen und die Prophezeiung tritt immer wieder in abgewandelter Form auf. Allerdings genau im richtigen Maß, sodass es nicht kitschig oder abwegig wirkt.


An den Ufern von Stellata war für mich auf den ersten Blick ein reiner Coverkauf. Und ist überraschenderweise zu einem Jahreshighlight geworden. Eine ganz große Leseempfehlung für alle, die gerne Romane über mehrere Generationen lesen und literarisch nach Italien reisen.






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